06.03.2013

Jerusalem – Die Stadt Gottes


Jerusalem bedeutet: «Stadt/Gründung des Friedens». Dieser Name steht seit Gründung der Stadt im Widerspruch mit der Realität, denn keine Stadt ist so umkämpft. Doch gerade deshalb ist «Friede» dort nötig. Wir sind aufgefordert, für den Frieden Jerusalems zu beten, gerade weil es ein Konfliktherd ist: «Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben! Es möge Friede sein in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen!» (Ps 122,6-7).

Stadt des geheimnisvollen Königs

Jerusalem wird erstmals in 1. Mose 14,18 erwähnt. Dort begegnet Abraham Melchisedek, dem König von Salem (vor ca. 4000 Jahren). Damals gehörte Salem zum Gebiet von Kanaan, das wiederum eine Provinz des Pharaonen-Grossreiches Ägypten war.

Stadt des Königs David

Bis zur Zeit Davids (vor ca. 3000 Jahren) wurde die Stadt Jerusalem von den Israeliten nicht eingenommen, sondern stand unter der Herrschaft der Jebusiter.

David eroberte und prägte diese Stadt (1.Chr 11,4-7.9; 2.Sam 5,6-10). Da sie zu keinem Stammesgebiet des Volkes Israel gehört hatte, war sie ideal als neue Hauptstadt, um dem Volk eine neue gemeinsame Identität zu geben. Später holte David die Bundeslade mit dem Gnadenthron nach Jerusalem (2.Sam 6; 1.Chr 13-15).

Stadt des lebendigen Gottes

967 v.Chr. baute König Salomo den Tempel als Ort der Begegnung des Menschen mit dem lebendigen Gott. Bei der feierlichen Tempeleinweihung lesen wir, dass Gott sich selbst in einer einzigartigen Weise mit dieser Stadt verbunden hat. «Aber Jerusalem habe ich erwählt, dass mein Name dort sei, und David habe ich erwählt, dass er über mein Volk Israel König sei» (2.Chr 6,6, vgl. auch 2.Chr 5,11-14; 6,5; 7,11.12.15). Gottes Gegenwart erfüllte den Tempel. Das ist es, was Jerusalem so besonders macht und es von allen anderen Städten der Welt unterscheidet.

Stadt des jüdischen Herzens

Die Blütezeit Jerusalems erreichte unter David und Salomo, vor rund 3000 Jahren, ihren absoluten Höhepunkt. Seither ist Jerusalem das Herzstück jüdischer Kultur, Tradition und Religion. Obwohl die Stadt 17 Mal zerstört wurde, ist sie dem jüdischen Volk allerorts immer in Erinnerung geblieben. Auch in nachbiblischer Zeit blieb Jerusalem stets Gegenstand der Sehnsucht. Das wichtigste Fest im Judentum, das Passahfest, wurde und wird jedes Jahr mit dem Wunsch abgeschlossen: «Nächstes Jahr in Jerusalem!» Selbst am schönsten Tag des Lebens, der Hochzeit, wird an Jerusalem gedacht, wenn als fester Bestandteil der Trauungszeremonie ein Glas zertreten wird. Diese symbolische Handlung soll an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem erinnern.

Stadt der Untreue und Niederlage

586 v.Chr. wurde Jerusalem von den babylonischen Truppen Nebukadnezars eingenommen. Die Stadt wurde niedergerissen und das Herzstück, der Tempel, wurde vollkommen zerstört. Jeremia fragt Gott in dieser Situation: «Hast du denn Juda verworfen oder einen Abscheu gegen Zion? Warum hast du uns denn so geschlagen, dass uns niemand heilen kann?» (Jer 14,19). Warum half Gott nicht mehr? Weil Gott sich von Jerusalem zurückzog, wurde es schutzlos. Um der Schuld gegen Gott willen wurde die Stadt zerstört (Jer 14,17-22; 15,1). Gottes Antwort ist: «Wer will sich denn deiner erbarmen, Jerusalem? Wer wird denn Mitleid mit dir haben? Wer wird denn kommen und fragen, ob es dir gut geht? Du hast mich verlassen, spricht der Herr, und bist von mir abgefallen; darum habe ich meine Hand gegen dich ausgestreckt, um dich zu verderben; ich bin des Erbarmens müde» (Jer. 15,5-6).

Stadt der jüdischen Sehnsucht

Jerusalem blieb jedoch Zentrum der Sehnsucht. Der Prophet Daniel, der nach Babylon deportiert wurde, konnte seine Heimat nicht vergessen. Wir lesen von ihm: «Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen. Lass leuchten dein Antlitz über dein zerstörtes Heiligtum um deinetwillen, Herr! Neige dein Ohr, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine grosse Barmherzigkeit» (Dan 9,17-18).

Stadt des Messias

Jerusalem wurde der Ort, an dem der Messias lehrte, gekreuzigt wurde, auferstand und in den Himmel auffuhr – und wohin Er nach Seiner Voraussage am Ende der Zeit wieder zurückkommen wird (Sach 14,1ff.).

Jerusalem wurde die Geburtsstätte der ersten messianisch-jüdischen Gemeinde. Zehntausende jüdische Menschen kamen in der Folgezeit zum Glauben. Und Jerusalem war auch der Ort, von dem die Botschaft des Messias in die ganze Welt hinausging!

Seit 2000 Jahren – die hin und her geworfene Stadt

Prophetisch wies Jesus auf die Zukunft Jerusalems (Lk. 19,41-48; 21,25) hin. Die angekündigte Zerstörung Jerusalems ereignete sich 70 n.Chr. Dabei starben über 1,1 Millionen Juden, 100.000 wurden als Sklaven nach Rom deportiert.

Nachdem Jerusalem dem Erdboden gleichgemacht worden war, liess Kaiser Hadrian eine typische römische Stadt mit einem Jupitertempel auf dem Tempelplatz erbauen. Die Stadt erhielt einen neuen Namen: Aelia Capitolina. Juden war es bei Todesstrafe verboten, ihre Stadt zu betreten! Ebenso bekam das Land Israel einen neuen Namen: Palästina. Vom vierten bis ins siebte Jahrhundert wurde Jerusalem dann christlich und zum Wallfahrtsort. Überall entstanden Kirchen, Heiligtümer und Klöster.

Ca. 638 wurde die Stadt dem Islam unterworfen, woraufhin 691 der Felsendom und 715 die Al-Aksa-Moschee (ferne Moschee, gemäss Sure 17,2) gebaut wurden. Seitdem gilt Jerusalem, das in «Al Kuds» (Die Heilige) umbenannt wurde, im Islam als die drittheiligste Stadt nach Mekka und Medina.

Jerusalem stand fast 1900 Jahre unter wechselnder Herrschaft verschiedenster Nationen. Selbst nach der Staatsgründung Israels (1948) sollte es noch einige Jahre dauern, bis ganz Jerusalem wieder in jüdischer Hand war (1967). In diesem Jahr sind es nun 40 Jahre, seit der Kern von Jerusalem zu Israel gehört.

Dennoch bleibt das Prophetenwort gültig: «Zion aber sprach: Der Herr hat mich verlassen, der Herr hat meiner vergessen. Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergässe, so will ich doch deiner nicht vergessen. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet;  deine Mauern sind immerdar vor mir» (Jes 49,14-16).

Stadt der göttlichen Mahnung

Sind Gottes Verheissungen verfallen? Soll, wie manche Juden und Christen meinen, der Felsendom abgebrochen und dafür der jüdische Tempel wieder aufgebaut werden? Soll ein jüdischer Tempel neben dem Felsendom erbaut werden? Soll es so bleiben, wie es jetzt ist, dass die Juden ihre Westmauer und die Muslime den Felsendom haben? Ist dieser Ort, an dem einst der Tempel stand, heute für Gott unbedeutend?

Gott selbst sagt über den Tempelplatz: «Werdet ihr euch aber abkehren und meine Rechte und Gebote, die ich euch vorgelegt habe, verlassen und hingehen und andern Göttern dienen und sie anbeten, so werde ich Israel ausreissen aus meinem Lande, das ich ihnen gegeben habe, und dies Haus, das ich meinem Namen geheiligt habe, werde ich von meinem Angesicht verwerfen und werde es zum Hohn machen und zum Spott unter allen Völkern. Und vor diesem Hause, das so hoch erhoben wurde, werden sich entsetzen alle, die vorübergehen, und sagen: Warum ist der Herr mit diesem Lande und mit diesem Hause so verfahren? Und man wird sagen: Weil sie den Herrn, den Gott ihrer Väter, verlassen haben, der sie aus Ägyptenland geführt hat, und sie sich an andere Götter gehängt und sie angebetet und ihnen gedient haben, darum hat er all dies Unheil über sie gebracht» (2.Chr 7,19-22).

Die entscheidende Frage Jerusalems ist eine geistliche: Die Frage der persönlichen Beziehung der Bewohner der Stadt zu dem Schöpfergott, der im Messias Mensch wurde und als der «König der Juden» in die Geschichte einging. Wer den wahren Frieden Jerusalems sucht, kommt nicht an Gott vorbei (Mt 23,39).

Bis es zum tatsächlichen Frieden kommt, wird Jerusalem noch weiter unter Druck kommen (Sach 12-14).

Das neue Jerusalem – Stadt der göttlichen Gegenwart

Jerusalem wird die Krönung für alles Neue, was der Herr in Zukunft von Grund auf schaffen wird. Jerusalem ist das Symbol und der Inbegriff der Treue Gottes in Seinem Erlösungshandeln mit der Menschheit. Das neue Jerusalem wird das Zentrum der Gegenwart Gottes sein (Offb 21,1-5: Sach 2,14-17).

Die Gegenwart Gottes wird Jerusalem zur Stadt des Friedens machen. Jerusalem wird zum Zentrum des Friedens für die Menschen werden. Dann wird sie ihre ihr schon immer zugedachte Bestimmung erleben: «Stadt des Friedens» (Sach 14).

Von Jurek Schulz