05.09.2012

Die heilsgeschichtlichen Tage der Bibel

Beim aufmerksamen Lesen der Bibel stellt man fest, dass sie unterschiedliche Tage erwähnt. Zum Beispiel den «Tag des Menschen» oder den «Tag Jesu Christi». Öfters wird auch der «Tag des Herrn» erwähnt und einmal der «Tag Gottes». Die Unterscheidung dieser verschiedenen Tage ist notwendig, um Gottes Wort besser zu verstehen, um zu erkennen, in welch ernster Zeit wir leben, und um dem bald wiederkommenden Herrn mit Freuden entgegengehen zu können.
Tag des Menschen. Auf diesen Tag nimmt Paulus Bezug, indem er sagt: «Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Tage beurteilt werde!» (1.Kor 4,3). An einem menschlichen Gerichtstag werden Taten bewertet, Urteile gefällt und Beschlüsse gefasst. Überdies ist «Tag des Menschen» auch ein Ausdruck der Bedeutung der menschlichen Lebenszeit. Es geht um die Zeitspanne unseres irdischen Daseins, die Möglichkeit des Handelns, Wirkens und Seins. Es ist die Zeitspanne zwischen dem Geborenwerden und dem Vergehen: «Der Mensch, von der Frau geboren, lebt nur kurze Zeit und ist voll Unruhe. Wie eine Blume spriesst er auf und verwelkt; gleich einem Schatten flieht er und hat keinen Bestand» (Hiob 14,1-2). Mose steckt diese Zeitspanne ab, indem er sagt: «Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre; und worauf man stolz ist, das war Mühsal und Nichtigkeit, denn schnell enteilt es, und wir fliegen dahin» (Ps 90,10). Gleichzeitig ist dieser Tag auch die Zeitspanne der Entscheidung! Denn wir entscheiden im «Heute», während dieser unserer Zeitspanne, wo wir die Ewigkeit zubringen werden. Entweder im Himmel bei Jesus Christus oder in der Hölle. Denn nur der Mensch, der im «Heute», im Jetzt, während der ihm von Gott zur Verfügung gestellten Lebenszeit, eine Entscheidung für Jesus Christus fällt, wird auch einmal bei Jesus Christus in der Ewigkeit sein. Die Bibel sagt dies so eindeutig und klar: «Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm» (Joh 3,36). Diese dem Menschen von Gott individuell zur Verfügung gestellte Zeitspanne nennt die Bibel den «Tag des Menschen». Damit trifft der Dichter den Nagel auf den Kopf, wenn er sagt: «O Mensch bedenk, bedenk die Zeit, es kommt, es kommt die Ewigkeit!»
Tag Jesu Christi. Paulus schreibt über diesen Tag: «Ich bin ebenso in guter Zuversicht, dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollenden wird bis auf den Tag Christi Jesu» (Phil 1,6). Paulus hat diesen Tag vor Augen. Er lebt auf diesen Tag hin und weiss, dass auch all die anderen Gläubigen diesen Tag als Fixpunkt haben! Der «Tag Jesu Christi» ist nichts anderes als die Heimholung Seiner Gemeinde. Es ist der Tag der Vereinigung mit Jesus Christus, der Tag der Entrückung! Es ist der Tag, von dem es heisst: «Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune; denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden» (1.Kor 15,51-52). Gleichzeitig ist dieser Tag auch der Tag der Belohnung und der Krönung! Paulus sagt diesbezüglich: «Von nun an liegt für mich die Krone der Gerechtigkeit bereit, die mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag zuerkennen wird, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb gewonnen haben» (2.Tim 4,7-8). Es ist der Tag des Jubels, sagt doch Offenbarung 19,7-9: «Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereit gemacht. Und es wurde ihr (der Braut) gegeben, sich in feine Leinwand zu kleiden, rein und glänzend; denn die feine Leinwand ist die Gerechtigkeit der Heiligen. Und er sprach zu mir: Schreibe: Glückselig sind die, welche zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind!» Insgesamt weist das Neue Testament etwa siebenmal auf diesen «Tag Jesu Christi» hin. So ist dieser nichts anderes als der Einzug und die Besitznahme der von Jesus Christus verheissenen Wohnung (Joh 14,2-3).
Tag des Herrn. Die Bibel nennt diesen Tag auch den grossen und schrecklichen Tag, die Zeit der Angst Jakobs und insbesondere auch die grosse Trübsal. Der Ausdruck «Tag des Herrn» wird im Alten Testament von acht verschiedenen Autoren verwendet und kommt 19-mal vor. Dieser Tag ist immer eine Zeit des Zorns und Gerichts vom Allmächtigen. Wie kein anderer griff der Prophet Joel dieses Thema auf. Als er den zukünftigen «Tag des Herrn» beschrieb, ging er von den Angriffen der Feinde, die Israel umgaben, einer verheerenden Trockenheit und zerstörerischen Heuschreckenschwärmen aus. Über diese damaligen, örtlichen Ereignisse hinausblickend schrieb er: «O weh des Tages! Denn der Tag des Herrn ist nahe und kommt wie ein Verderben vom Allmächtigen! … Blast die Posaune zu Zion, ruft laut auf meinem heiligen Berge! Erzittert, alle Bewohner des Landes! Denn der Tag des Herrn kommt und ist nahe! … Denn der Herr wird seinen Donner vor seinem Heer erschallen lassen; denn sein Heer ist sehr gross und mächtig und wird seinen Befehl ausrichten. Ja, der Tag des Herrn ist gross und voller Schrecken, wer kann ihn ertragen? … Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der grosse und schreckliche Tag des Herrn kommt» (Joel 1,15; 2,1.11; 3,4).
Dieser Tag ist eigentlich eine Zeitspanne und wird Gottes heiliges, reines und mächtiges Wesen offenbaren. Für alle sichtbar wird Gott direkt in die Geschicke der Menschen eingreifen, dies auf verschiedene Art und Weise wie durch Naturgewalten (Hes 13,13), Wolken und Dunkel (Zef 1,14-15) und kosmische Veränderungen und Störungen (Joel 4,14- 16). Es ist die Zeit, über die Jesus sagte: «Denn dann wird eine grosse Drangsal sein, wie von Anfang der Welt an bis jetzt keine gewesen ist und auch keine mehr kommen wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden; aber um der Auserwählten willen sollen jene Tage verkürzt werden» (Mt 24,21-22). Am eindrücklichsten schildert uns Offenbarung 4 bis 19 diese Zeit: «Und die Könige der Erde und die Grossen und die Reichen und die Heerführer und die Mächtigen und alle Knechte und alle Freien verbargen sich in den Klüften und in den Felsen der Berge, und sie sprachen zu den Bergen und zu den Felsen: Fallt auf uns und verbergt uns vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Zorn des Lammes! Denn der grosse Tag seines Zorns ist gekommen, und wer kann bestehen?» (Offb 6,15-17).
Dieser Tag des Zorns ist der Zorn des Lammes! Es ist das Lamm, das ans Kreuz von Golgatha genagelt wurde und dennoch sprach: «Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!» Es ist der Zorn des Lammes, das man mit Fäusten schlug, dem man ins Gesicht spuckte, die Kleider vom Leib riss und das dennoch Seine Peiniger voller Liebe ansah. Es ist der Zorn des Lammes, dem am Kreuz das Liebste genommen wurde – die Gemeinschaft mit Seinem Vater – und das dennoch für das Wohl Seiner Mutter und Freunde besorgt war. Es ist der Zorn des Lammes, dessen Freunde Ihn verleugneten und das dennoch für sie betete. Wenn dieses Lamm so abgelehnt wird, bleibt Ihm keine andere Wahl! Täglich schlägt man Ihn ins Gesicht, behauptet frech, es gebe mit grosser Wahrscheinlichkeit keinen Gott. Man spuckt Ihn an, indem man Seine Ethik und Moral mit Füssen tritt. Man begegnet Ihm voller Verachtung: «Ach, was soll das mit der Bibel, diesem Buch voller Märchen, Mythen und Geschichten!» Man schlägt Ihn mit Fäusten, werden doch Seine Jünger und Nachfolger um ihres Glaubens willen verfolgt, gequält und umgebracht. Und dieses Lamm soll einfach schweigen? Dieses Lamm, das alle Dinge erschuf und ins Dasein rief (Spr 8). Dieses Lamm, das das Universum zusammenhält und mit Seinem Wort trägt (Hebr 1,3). Nun, wenn dieses Lamm schweigt, entschuldigen Sie mich, aber dann ist dieses Lamm nicht Gott. Dann ist Er nicht der Eine, Heilige, Reine! Dann ist Er nicht derjenige, der in einem unzugänglichen Licht wohnt. Wenn Er schweigt, dann ist Er nicht derjenige, der Sein heiliges Blut um unserer Sünden willen vergoss. Wenn Er schweigt, dann ist Er nicht derjenige, der die Hölle durchlitt, um uns vor Seinem Vater zu rechtfertigen. Wenn Er schweigt, dann war alles umsonst, denn dann gibt es keine Gerechtigkeit. Ist Er aber das Lamm, das für uns ans Kreuz von Golgatha ging, dann ist das Lamm Jesus Christus mit Recht zornig!
Dieser Zorn ist ein heiliger, gerechter Zorn, über all die Menschen, die Seine Gnade ablehnen und mit Füssen treten. Nicht umsonst spricht daher die Bibel von «dem Zorn des Lammes! Denn der grosse Tag seines Zorns ist gekommen, und wer kann bestehen?» (Offb 6,17). Doch bei alledem besteht noch immer die Möglichkeit der Busse. Selbst in Seinem grossen, gerechten und heiligen Zorn streckt Gott noch Seine Hand zur Versöhnung aus. Denn selbst im schlimmsten Gericht besteht immer noch die Möglichkeit, Busse zu tun (vgl. Offb 16,9). «Denn ich habe kein Gefallen am Tod dessen, der sterben muss, spricht der Herr, Herr. So kehrt um, damit ihr lebt!» (Hes 18,32). Beugen wir darum heute schon unsere Knie und geben Ihm die Ehre: «Und ich sah, und ich hörte eine Stimme von vielen Engeln rings um den Thron und um die lebendigen Wesen und die Ältesten; und ihre Zahl war zehntausend mal zehntausend und tausendmal tausend; die sprachen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Ruhm und Lob! Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde ist, und was auf dem Meer ist, und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebührt das Lob und die Ehre und der Ruhm und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!» (Offb 5,11-13).
Tag Gottes. Der Tag Gottes ist der ewige Zustand. Gott wird alles in allem sein. Bevor dieser Tag anbricht, wird die jetzige Schöpfung vergangen sein, denn sie ist von Gott verflucht (1.Mo 3,17). Sie ist von Sünde gezeichnet, von Blut getränkt und vom Tod verunstaltet. Entsprechend dieser «Altlasten» wird sie vergehen (2.Petr 3,12). Danach schafft Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt (2.Petr 3,13). Die Offenbarung beschreibt diesen neuen Himmel und diese neue Erde so: «Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer gibt es nicht mehr. Und ich, Johannes, sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabsteigen, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen; und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, weder Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu!» (Offb 21,1-6). Dieses «Alles neu» ist der «Tag Gottes» – die Ewigkeit hat begonnen.
Von Samuel Rindlisbacher