29.06.2012

Christus ist mein Leben

Vielleicht denken Sie, diese Aussage sei doch gar nicht so weltbewegend. «Christus ist mein Leben», na klar, was denn sonst! Aber Halt, nicht so voreilig, nehmen Sie sich noch ein wenig Zeit, bevor Sie sich selbst ein Zeugnis ausstellen. Paulus schrieb den Brief, der diese Aussage beinhaltet, an die Gemeinde in Philippi (Phil 1,21). Und wenn man diesen Brief liest, stellt man fest, dass es ein Brief voller Freude ist, in dem der Herr Jesus immer wieder gross gemacht und verherrlicht wird. Kurzum: Es ist ein durch und durch ermutigender Brief für die Gemeinde in Philippi.
Umso erstaunlicher ist es dann, wenn wir erfahren, dass Paulus diesen Brief als Gefangener schrieb. Es ist geradezu aussergewöhnlich, dass dabei ein solch freudiger, Mut machender und Gott verherrlichender Brief entstand. Man würde eher das Umgekehrte vermuten: dass Paulus dringend Ermutigung benötigen würde. Aber nein, er ermutigte die Gemeinde in Philippi. In Philipper 1,12-14 können wir lesen, wie er seine Gefangenschaft sogar nutzte, um das Evangelium zu verbreiten: «Ich will aber Brüder, dass ihr erkennt, wie das, was mit mir geschehen ist, sich vielmehr zur Förderung des Evangeliums ausgewirkt hat, sodass in der ganzen kaiserlichen Kaserne und bei allen übrigen bekannt geworden ist, dass ich um des Christus willen gefesselt bin, und dass die meisten der Brüder im Herrn, durch meine Fesseln ermutigt, es desto kühner wagen, das Wort zu reden ohne Furcht.» Das ist doch ein klarer Beleg dafür, dass Paulus nicht mit seinem Schicksal haderte und verzweifelte. Nein, selbst in dieser Lage hatte er nur eines im Sinn, nämlich die Liebe Jesu weiterzusagen.
Es ist dem Brief zu entnehmen, dass er erfüllt war vom Heiligen Geist und er so völlig bewusst sagen konnte: «Christus ist mein Leben.» Das war keineswegs einfach so daher gesagt. Wenn man nur bedenkt, welche Pläne Paulus hatte, was er nicht alles auf seinen Missionsreisen erreichen wollte, wo er nicht überall noch hin wollte – und nun wurden seine Pläne völlig über den Haufen geworfen. Und doch konnte Paulus sagen: «Christus ist mein Leben!» Wie ist es bei Ihnen? Wer bestimmt Ihr Leben? Können Sie wirklich voller Inbrunst mit Paulus ausrufen: «Christus ist mein Leben!»? Spielt nicht etwa das Geld in unserem schönen Leben doch noch eine grössere Rolle? Oder wenn es das Geld nicht ist, vielleicht unser Ansehen, unser Ruhm oder wie wir vor anderen Menschen dastehen? Legen wir vielleicht mehr Wert darauf, dass man gut über uns redet und dass man uns freundlich begrüsst? «Seht her, wie beliebt ich bin! Schaut nur, wie sie mir alle ihren Platz anbieten.» Oder steht das Vergnügen an oberster Stelle unserer Prioritätenliste? Spasshaben bis zum Gehtnichtmehr, trinken bis zum Abwinken und lachen bis zur Bauchmuskelzerrung?!
In Lukas 12,34 heisst es: «Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.» Wo befindet sich Ihr Schatz, wo ist Ihr Herz? Auf der Bank bei Ihrem Konto 0815? Oder in der Welt, bei Kunibert und Rosamunde oder auf dem Fussballplatz und in der Flimmerkiste? Nein, unser Schatz befindet sich im Himmel – so sollte es zumindest sein –, und folglich sollte unser Herz himmlisch und nicht irdisch ausgerichtet sein.
Jesus zu lieben, zu folgen, zu ehren und zu dienen, das sollte unser Leben bestimmen, und nichts anderes. Jeder prüfe sich selbst! Theoretisch zu sagen: «Christus ist mein Leben», fällt uns Christen nicht schwer, aber wenn wir uns selbst prüfen und dabei bedenken, was dies wirklich beinhaltet, dann werde zumindest ich vor lauter Scham ganz rot. Warum? Weil ich weiss: diesem Anspruch werde ich nicht gerecht. Ist es vielleicht auch bei Ihnen nur ein oberflächlich daher gesagtes Lippenbekenntnis? Bei Paulus war es kein Lippenbekenntnis, sondern Praxis und eine Herzensangelegenheit. Er hatte nur eins im Sinn, nämlich von der Liebe Jesu weiterzusagen – völlig egal, wann, wie und wo! Oh ja, wie sehr wünsche ich mir, dass dies auch bei uns zur Praxis wird.
Von Thomas Lieth