20.05.2012

Wunder oder das Wort?

Matthäus 8,34 berichtet: «Und siehe, da ging die ganze Stadt hinaus Jesus entgegen. Und als sie ihn sahen, baten sie ihn, dass er ihr Gebiet verlasse.» Dagegen heisst es in Lukas 24,28- 29: «Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.»
Diese zwei Texte stehen völlig unabhängig voneinander in der Bibel. Auf der einen Seite sagt eine ganze Stadt Nein zu Jesus und schickt Ihn weg. Auf der anderen Seite sagen zwei einsame Wanderer Ja zu Ihm, indem sie versuchen, Ihn festzuhalten. Wir fragen uns: In welchem Moment wird Jesus durch eine ganze Stadt weggeschickt und wann wird Er durch zwei einsame Wanderer festgehalten?
Die Stadt schickte den Herrn Jesus unmittelbar nach einem grossen Wunder weg, das Er verrichtet hatte: «Und er kam ans andre Ufer in die Gegend der Gadarener. Da liefen ihm entgegen zwei Besessene; die kamen aus den Grabhöhlen und waren sehr gefährlich, sodass niemand diese Strasse gehen konnte. Und siehe, sie schrien: Was willst du von uns, du Sohn Gottes? Bist du hergekommen, uns zu quälen, ehe es Zeit ist? Es war aber fern von ihnen eine grosse Herde Säue auf der Weide. Da baten ihn die bösen Geister und sprachen: Willst du uns austreiben, so lass uns in die Herde Säue fahren. Und er sprach: Fahrt aus! Da fuhren sie aus und fuhren in die Säue. Und siehe, die ganze Herde stürmte den Abhang hinunter in den See, und sie ersoffen im Wasser. Und die Hirten flohen und gingen hin in die Stadt und berichteten das alles und wie es den Besessenen ergangen war. Und siehe, da ging die ganze Stadt hinaus Jesus entgegen. Und als sie ihn sahen, baten sie ihn, dass er ihr Gebiet verlasse» (Mt 8,28-34).
Die zwei Wanderer wollten den Herrn Jesus festhalten, nachdem Er ihnen das Wort gesagt hatte: «O ihr Toren, zu trägen  Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war. Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben» (Lk 24,25-29).
Hier wird Folgendes deutlich: Wunder, grosse Ereignisse – oder was immer es sein mag –, können Menschen nie bleibend beeindrucken. Aber das Wort vermag es! Die Bibel hat die Kraft, uns immer wieder in Verwunderung zu bringen, unsere Herzen brennend zu machen, uns zu faszinieren. Aus diesem Grund sollten wir nie in erster Linie nach irgendwelchen Höhepunkten streben – auch wenn sie ein frommes Gewand tragen! Nein, wir müssen uns immer wieder neu ausstrecken nach dem geoffenbarten Wort Gottes und seinem untrüglichen Licht. Nur dann werden unsere Herzen brennend, nur dann werden wir immer wieder neu staunen. In Psalm 119,130 heisst es: «Die Erschliessung deiner Worte erleuchtet.»
Das grosse Wunder hatte damals die Gadarener nicht erleuchtet, damit sie Jesus erkennen würden; nein, es wurde nur noch finsterer in ihren Herzen. Aber das einfache gesprochene Wort brachte zwei einsame Wanderer – die sehr unruhig und bedrückt waren – grosses inneres Licht, und zwar solch ein Licht, dass sie einander später sagten: «Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?» (Lk 24,32). Oh, wenn wir doch neu erfassen würden, dass nur Gottes Wort uns bleibend faszinieren kann; alles andere in dieser Welt vergeht! Setzen Sie nie etwas höher als die Heilige Schrift – auch dann nicht, wenn es sich dabei vielleicht um gewaltige geistliche Ereignisse und Erfahrungen handelt.
Von Marcel Malgo