10.01.2012

Der abrahamitische Bund: Ich will segnen … und verfluchen – Teil 1

«Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf der Erde!» (1.Mo 12,3).
Haben Sie sich auch schon gefragt, warum die Bibel so viele Prophetien über Gottes Vergeltung an den Heiden enthält? Sie sind oft sehr ausführlich (z.B. Jes 13-24; Hes 25-32). Einen Teil der Antwort finden wir in 1. Mose 12,3. Hier gibt Gott Abraham eine spezifische Verheissung für das Volk der Juden, das später aus ihm hervorgehen wird. Diese Verheissung gehört zu dem, was später auch als der «Abrahamitische Bund» bekannt wird: «Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen.» Als Gott Seinen Bund mit Abraham bestätigte, «sprach er zu Abram: Du sollst mit Gewissheit wissen, dass dein Same ein Fremdling sein wird in einem Land, das ihm nicht gehört; und man wird sie dort zu Knechten machen und demütigen 400 Jahre lang» (1.Mo 15,13). Das sehen wir bei der ersten Ausführung der Konsequenz des «ich will … verfluchen» von 1. Mose 12,3. Dies war auch zu erwarten von einem Gott, der Sein Wort hält: «Aber auch das Volk, dem sie dienen müssen, will ich richten» (1.Mo 15,14). Wie sich später herausstellen sollte, sprach Gott von Ägypten.
Nach dem Auszug Israels aus Ägypten war Amalek das erste heidnische Volk, das gegen Israel kämpfte (2.Mo 17,8-16). Aber wenn wir damit beginnen, werden wir dem Text nicht gerecht. Häufig wird übersehen, dass 2. Mose 17 eines der wichtigsten Kapitel der Bibel ist; allerdings bleiben die Bedeutungen und Bezüge an dieser Stelle noch verborgen und werden erst viel später offenbar. Und auch dann noch ist ihre besondere Bedeutung leicht zu übersehen.
In 2. Mose 17,1-7 wird berichtet, wie das erst kürzlich befreite Volk in Rephidim zu Gott um Wasser schreit. Gott beschreibt in Seiner Anweisung, wie bzw. wodurch Er für Israel sorgen wird: «Siehe, ich will dort vor dir auf dem Felsen am Horeb stehen; und du sollst den Felsen schlagen, und es wird Wasser herauslaufen, damit das Volk zu trinken hat» (V 6). Dieser Vers enthält zwei bemerkenswerte Wahrheiten, die wir zur Kenntnis nehmen sollten: Erstens wird Gott selbst auf dem Felsen stehen und zweitens erlaubt Er, ja Er befiehlt es sogar, ihn mit dem Stab zu schlagen. Erst in 1. Korinther 10,1-4 enthüllt Gott die tiefe geistliche Wahrheit vollständig, die in alle Ewigkeit gilt: «Ich will aber nicht, meine Brüder, dass ihr ausser Acht lasst, dass unsere Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durch das Meer hindurchgegangen sind. Sie wurden auch alle auf Mose getauft in der Wolke und im Meer, und sie haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und alle denselben geistlichen Trank getrunken; denn sie tranken aus einem geistlichen Felsen, der ihnen folgte. Der Fels aber war Christus.» Später wird uns gesagt, dass Jesu Kreuzigung in Übereinstimmung mit «Gottes festgesetztem Ratschluss und Vorsehung» geschah (Apg 2,23). Demnach ist der Bericht in 2. Mose 17 Gottes Vorschau auf das was Er eines Tages zulassen würde. Sein eigener Messias würde geschlagen werden. Kurz zusammengefasst: Der noch nicht fleischgewordene Messias gab Seinem Volk hier ein schönes Bild für das Leben, das Er noch führen sollte. Wer diesem: «Sie haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen», auf den Grund gehen möchte, kann in 2. Mose 16 lesen, wie Gott Sein Volk übernatürlich mit Brot vom Himmel (Manna) versorgte. In Johannes 6,26-41 nimmt Jesus ausdrücklich darauf Bezug und schliesst mit der Aussage: «Ich bin das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist.» Jesus bezieht also 2. Mose 16 auf sich und Sein Werk; in 1. Korinther 10 greift Paulus diese Aussage auf. Keiner erkannte in 2. Mose 16-17 diese messianischen Prophetien, die Gott damals gegeben hatte, aber das war auch nicht wichtig. Gott kannte sie und zu Seiner Zeit würde Er sie offenbaren – und nur das zählt. Das ist einer der Gründe, warum 2. Mose 17 ein solch wichtiges Kapitel in der Bibel ist.
Wir müssen jedoch feststellen, und das sehen wir in der Schrift immer wieder, dass uns Gottes Segnungen keineswegs automatisch zuteil werden. Mit grösster Sicherheit wird Gott Seine Verheissung erfüllen und «segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen», aber auch Israel hatte Bedingungen zu erfüllen. Leider musste Mose schon sehr früh in der Geschichte Israels, als das Volk gerade eben Gottes Treue greifbar erlebt hatte, den Kern des Problems feststellen: Er gab «dem Ort den Namen Massa und Meriba, wegen der Herausforderung der Kinder Israels, und weil sie den Herrn versucht und gesagt hatten: Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht?» (2.Mo 17,7). Gott hatte das versklavte Volk aus Ägypten geführt und vor dessen Augen mächtige Taten getan, aber offensichtlich war das schon wieder vergessen – sonst hätte Israel Ihn ja nicht auf die Probe gestellt.
In diesem Zusammenhang lesen wir nun in 2. Mose 17,8: «Da kam Amalek und kämpfte gegen Israel in Rephidim.» Amalek wählte für seinen Kampf gegen Israel wahrlich nicht die beste Zeit, und es war auch nicht der beste Ort: Denn genau hier waren Gott und Sein Messias gegenwärtig; genau hier ging es um die entscheidende Frage, ob Gott nun in der Mitte Seines Volkes war oder nicht. Gott hielt Wort und entsprechend Seiner Verheissung in 1. Mose 12,3 gab Er den Sieg – durch Mose und seinen Stab, unterstützt von Aaron und Hur (2.Mo 17,9-13). Doch in den drei letzten Versen dieses Kapitels versprach Gott noch weitaus mehr: «Da sprach der Herr zu Mose: Schreibe das zum Gedenken in ein Buch und präge es den Ohren Josuas ein: Ich will das Andenken Amaleks ganz und gar austilgen unter dem Himmel!» (2.Mo 17,14). Der folgende Vers offenbart einen der vielen Namen Gottes, die in der Schrift zu finden sind, und dieser Name zeigt uns, dass Gott treu ist und uns schützt: «Und Mose baute einen Altar und nannte ihn ‹Der Herr ist mein Kriegsbanner›.» Dieses ausserordentlich bedeutende Kapitel schliesst damit, dass Mose erklärt: «Weil eine Hand zum Schwur erhoben ist auf dem Thron des Herrn, soll der Krieg des Herrn gegen Amalek währen von Geschlecht zu Geschlecht!» (2.Mo 17,16). In diesem Schlussvers finden wir einige wichtige Aussagen. Erstens: Gleich zweimal steht hier «der Herr»; demnach ist Gott selbst hier am Werk, nicht das Volk Israel. Zweitens galt der Fluch demjenigen, der Israel geflucht hatte, und dessen Nachkommen «von Geschlecht zu Geschlecht». Das lässt erkennen, dass Gott mehr im Sinn hatte als nur den momentanen militärischen Sieg, den Israel gerade errungen hatte. Drittens lesen wir hier zum ersten Mal, dass «eine Hand zum Schwur erhoben ist auf dem Thron des Herrn». Insgesamt finden wir diesen äusserst ernsten Vorgang in der ganzen Bibel nur acht Mal! Offensichtlich ist für Gott die Feindschaft gegen Amalek so sehr wichtig, dass Er hier eine feierliche Erklärung auf ferne Zukunft abgibt. Jedenfalls sollten wir diese mit einem Schwur bekräftigte Verheissung nicht leichtfertig abschwächen.
Die nächste Erwähnung Amaleks in der Bibel finden wir in 4. Mose 24,20. Hier erklärt Gott Sein Handeln in Rephidim: «Amalek ist der Erstling der Heiden». Es ist das erste Volk – und das ist wichtig –, das gegen Israel und seinen Messias kämpfte (dessen Gegenwart unter dem Volk nach dem Auszug aus Ägypten in 2. Mose 17 ja ausdrücklich festgestellt wird). Und dann folgt die vernichtende Prophetie: «Aber zuletzt wird er untergehen!»
So war Amalek «der Erstling der Heiden » im Krieg gegen Israel und seinen Messias, doch seine Zerstörung kündigte Gott erst für die ferne Zukunft an – ohne irgendeinen Anhaltspunkt, wann das geschehen wird.
Sollten noch weitere Völker Israel zu bekämpfen wagen, würde 1. Mose 12,3 dann auch für sie gelten? Ja, auch andere Völker kämpften noch gegen Israel, und immer erwies sich Gott als äusserst zuverlässig und stand zu Seinem Wort.
Von Greg Harris