13.10.2011

Verschwörungstheorien: Masterplan einer Geheimgesellschaft oder Ausreifen der Sünde?

Was sagt die Bibel über Weltverschwörungstheorien? Gehören sie zum prophetischen Wort? In dieser Reihe soll auf solche und damit verbundene Fragen eingegangen werden. Lesen Sie hier Teil 9.
In den letzten Jahren ist für mich immer deutlicher geworden, dass eines der Dinge, die in frommen Kreisen am meisten unterschätzt werden, das böse sündige menschliche Herz ist. Das gilt nicht nur für den liberalen Evangelikalismus. Auch in bibeltreuen Kreisen möchte man oft nicht wahrhaben, wie abgrundtief verdorben das sündige Wesen ist. Deshalb werden alle möglichen anderen Erklärungen oder irgendwelche finsteren Mächte für das sündige Verhalten der Einzelnen verantwortlich gemacht.
Auch die Verschwörungstheorien gehen letztendlich von einem humanistischen Weltbild aus. Es kann ja nicht sein, dass die Sünde in der Menschheit so ausreift und dass das böse menschliche Herz so abgrundtief verdorben ist, dass es zu all den schrecklichen Entwicklungen auf dieser Erde kommt. Es kann ja nicht sein, dass die Weltbevölkerung selbst so schlecht und gottlos ist, dass als Ergebnis davon am Ende der Antichrist auftritt. Deshalb braucht man irgendwelche böse Machenschaften und Geheimbruderschaften im Hintergrund, die eine arglose und harmlose Menschheit verführen.
Am Ende reifen die Sünde, die Gesetzlosigkeit und der Abfall aus. Dadurch bekommt der antichristliche Geist, der schon immer in einer gefallenen Welt war, freie Fahrt (1.Joh 2,18). Aus biblischer Sicht reicht diese «Weg-von- Gott-Bewegung» der Weltbevölkerung verbunden mit der Öffnung für die finsteren Mächte völlig aus, um das Auftreten des Antichristen vorzubereiten. Achten wir nur einmal darauf, wie Paulus den Menschen der Endzeit in 2. Timotheus 3,1-9 charakterisiert. Wohlgemerkt ist hier nicht von einer Geheimbruderschaft oder von irgendwelchen Führungspersonen die Rede, sondern von Menschen als Hauptverantwortliche und Hauptschuldige für das Ausufern der Sünde und der damit verbundenen Invasion der Finsternis.
Die Menschen werden unter anderem geldgierig sein. Das war der Mensch schon immer. Aber besonders in der Endzeit ist dies ein Kennzeichen der Menschheit – und nicht nur von irgendwelchen Banken oder Industriekonzernen. Natürlich versuchen die Banken, die Milliardäre und Konzerne laufend, ihren Reichtum und ihre wirtschaftliche Macht auf Kosten anderer zu vergrössern. Aber dabei wird übersehen, dass unser ganzes Wirtschaftssystem inzwischen auf Geldgier aufgebaut ist. Die Broker an den Banken verdienen an ihren wilden Wertpapier- und Spekulationsgeschäften. Der Normalbürger ist mit kleinen Zinssätzen nicht mehr zufrieden, sondern möchte ständig höhere Zinsen und Renditen, um sein Vermögen zu mehren. Deshalb genügen die Geldgier und das ganze damit verbundene Streben der Einzelnen völlig, um die Börse platzen zu lassen. Da braucht es keine Geheimbruderschaft im Hintergrund, auch wenn wir letztendlich nicht ausschliessen können, dass gewisse Gruppen ihre Interessen dadurch zu verwirklichen suchen. Eine ehemalige Investmentbankerin berichtete, wie ständig neue Fantasieprodukte für Wertpapiere entwickelt wurden, nur um die persönliche Provision zu steigern. Mit der Wirtschaftskrise hat sich nur bewahrheitet, was unser Herr Jesus in Matthäus 6,19ff. über die Scheinsicherheit des Geldes und von Schätzen sagte. Vielleicht sollten wir als Gemeinde Jesu ganz neu darüber nachdenken, anstatt die Schuld bei irgendwelchen angeblichen Machern der Weltverschwörung zu suchen. Aus der Bibel wissen wir nur, dass die Sünde am Ende ausreift. Der sündige Mensch, der sich immer weiter von Gott entfernt, genügt, um die letzten Entwicklungen aus der Sicht Gottes auszulösen.
Auch wenn das Buch von David Rothkopf Die Superklasse wie alle anderen Bücher aus diesem Bereich mit Vorsicht zu geniessen ist, kommt das, was er schreibt, doch dem, was die Bibel über den endzeitlichen Menschen als solchen sagt, viel näher als die ganzen Verschwörungstheorien. Die «Superklasse» versucht, alle möglichen Vereinigungen in erster Linie zur Kontaktpflege und für den persönlichen Vorteil auszunutzen. So sehr bei den Bilderbergern und im Weltwirtschaftsforum von Davos auch über eine einheitliche Welt philosophiert werden mag, dürfen wir diese innere Zerrissenheit und den Egoismus der Einzelnen in solchen Vereinigungen nicht übersehen. Von einer einheitlichen Schlagkraft und Zielrichtung dürfte wohl kaum die Rede sein. Darf ich nur daran erinnern, wie im Westen die politischen Parteien immer mehr in internen Machtkämpfen und Eifersüchteleien versinken und unter dem Geltungsbedürfnis einzelner Politiker leiden? Das deckt sich mit dem Profil des endzeitlichen Menschen in der Bibel. Auch leiden die Freimaurer nicht nur gemäss David Rothkopf, sondern auch nach den Aussagen des Exmeisters vom Stuhl, Burkhardt Gorissen, an Überalterung und einem schrumpfenden Nachwuchs.
Überhaupt ist mit den Verschwörungstheorien und der damit verbundenen Faszination eine ungeheure Gefahr verbunden. Es bildet sich dadurch eine Art moderne Gnosis, ein höheres Wissen von irgendwelchen Eingeweihten, die über die wahren Kenntnisse und Hintergrundinformationen verfügen, an die der normale Nachfolger nicht herankommt. Tragischerweise stammt diese höhere Erkenntnis über das wahre Weltgeschehen aber nicht aus dem Wort Gottes, sondern zu einem grossen Teil aus fragwürdigen  Quellen. Auch hier gilt das Wort aus Kolosser 2,8: «Seht zu, dass niemand euch einfange durch die Philosophie und leeren Betrug nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht Christus gemäss.»
Ausserdem sollen wir nicht meinen, alle Hintergründe des Bösen erkunden zu müssen. Es genügt völlig, wenn wir mit offenen Augen sehen, wie die Sünde ausreift und die Verführung zunimmt. Neben dem Bussruf an Thyatira ermutigt der Herr eine Gruppe in der Gemeinde mit folgenden Worten: «Euch aber sage ich, den übrigen in Thyatira, allen, die diese Lehre nicht haben, welche die Tiefen des Satans, wie sie es nennen, nicht erkannt haben: Ich werfe keine andere Last auf euch. Doch was ihr habt, haltet fest, bis ich komme» (Offb 2,24). Christus lobt hier ausdrücklich diejenigen, die nicht die Tiefen Satans erkannt haben. Das sind diejenigen, die nicht meinten, alle Abgründe des Bösen und der Sünde ergründen zu müssen.
Von Johannes Pflaum