23.06.2011

1. Timotheus 3,14-16: Das Wesen der Gemeinde – Teil 10

Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 10.
In 1. Timotheus 3,14-16 schreibt Paulus: «Dies schreibe ich dir in der Hoffnung, recht bald zu dir zu kommen, damit du aber, falls sich mein Kommen verzögern sollte, weisst, wie man wandeln soll im Haus Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit. Und anerkannt gross ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, verkündigt unter den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit.»
Drei Dinge werden in diesem Text über die Gemeinde ausgesagt:
– Sie ist das «Haus Gottes». Gott hat innerhalb der Gemeinde Wohnung genommen. Das ist etwas, was es in der Art und Weise bis anhin nicht gegeben hat. Er wohnt durch den Heiligen Geist in jedem Gläubigen und ist deshalb auch bei allen lokalen Zusammenkünften der Gläubigen gegenwärtig. Im Alten Testament wohnte der Herr im Allerheiligsten der Stiftshütte, später im Tempel – heute in Seiner Gemeinde. – Sie ist die «Gemeinde des lebendigen Gottes». Es gab damals (und heute) in der Heidenwelt unzählige Tempel, die voller toter Götzen waren. Die Gemeinde unterscheidet sich von all diesen dadurch, dass der lebendige Gott in ihr wohnt und wirkt und dass sie das Eigentum dieses lebendigen Gottes ist.
– Sie ist der «Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Grosse Pfeiler kennzeichnen ja in der Regel einen Tempel. Der Tempel der Diana in Ephesus soll zum Beispiel 127 vergoldete Marmorsäulen gehabt haben. Gegenüber allen religiösen Unsicherheiten, Irrtümern und Lügen besitzt die Gemeinde die Wahrheit und ist Pfeiler und Grundfeste derselben. Sie bietet der Welt die Offenbarung Gottes, sie bietet die Sicherheit, die der Mensch sucht und braucht. Durch sie wird die Wahrheit verkündet.
Das alles ist eine hohe Berufung und beinhaltet deshalb eine grosse Verantwortung. Dementsprechend soll nun der Einzelne in der Gemeinde leben. Es ist fatal, wenn sich innerhalb der Gemeinde fremde, unbiblische Lehren einschleichen oder der Einzelne sein Leben nicht der Wahrheit entsprechend führt.
Jeder Mensch, der durch Jesus Christus zur wahren Gottseligkeit findet, ist schon auf Erden zum geistlichen Ziel seiner Sinnerfüllung gelangt und wird in der Ewigkeit nichts mehr entbehren. «Anerkannt gross ist das Geheimnis der Gottseligkeit.» Das Geheimnis der Gottseligkeit besteht in der Grösse der Offenbarung Jesu Christi als der Quelle vollkommener Rettung. Es beinhaltet sechs Dinge:
1. «Gott ist geoffenbart worden im Fleisch.» Das ist Bethlehem (Weihnachten) und beschreibt die Menschwerdung Jesu, aber auch Sein ganzes sündloses Menschenleben bis zu Seiner Himmelfahrt. Gott machte sich zum Menschensohn, um uns zu Kindern Gottes zu machen. Der Kirchenvater Athanasius der Grosse (um 298–373 n.Chr.) sagte: «Er wurde, was wir sind, damit Er aus uns machen könne, was Er ist.» Dieses Geheimnis der Gottseligkeit ist unausforschlich gross, nie zu ergründen und nur im Glauben zu erfassen.
2. «Gerechtfertigt im Geist.» Die ersten beiden Sätze geben einen deutlichen Hinweis auf die Dreieinheit: Gott (Gott der Vater) ist geoffenbart im Fleisch (Gott der Sohn, Jesus Christus), gerechtfertigt im Geist (Gott der Heilige Geist). Hierbei geht es nicht um den Menschen, sondern um Gott. Es ist die Weiterführung des ersten Satzes: Der fleischgewordene Gott ist gerechtfertigt im Geist. Der Heilige Geist bestätigte das Leben des fleischgewordenen Gottes Jesus. Es gibt drei Aspekte dieser Bestätigung:
a) Der fleischgewordene Gott Jesus wurde durch Sein sündloses Leben, durch Sein Sterben am Kreuz und durch Seine Auferstehung gerechtfertigt. Allen menschlichen Vorwürfen, Anklagen, Beschuldigungen, Verleugnungen und Kritiken zum Trotz behielt Er in allem Recht. Er ist die Wahrheit!
b) Jesus, der fleischgewordene Gott, ist durch den Heiligen Geist Gottes vollkommen und öffentlich gerecht gesprochen worden:
– Bei Seiner Taufe (Mt 3,15-17).
– Bei Seiner Verklärung (Mt 17,5).
– Bei Seiner Auferstehung (Röm 1,3-4).
– Bei Seiner Himmelfahrt (Joh 16,10).
Das Leben des im Fleisch gekommenen Gottes (Jesus) wurde vollkommen bestätigt. An dieser Stelle möchte ich besonders die Auferstehung hervorheben, weil in Römer 1,3-4 die gleiche Reihenfolge erwähnt wird wie im 1. Timotheusbrief: «… das Evangelium von seinem Sohn, der hervorgegangen ist aus dem Samen Davids nach dem Fleisch und erwiesen ist als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit durch die Auferstehung von den Toten, Jesus Christus, unseren Herrn.» Die Auferstehung Jesu ist die Bestätigung Seines gerechten Lebens.
c) Das Leben des Menschen Jesus ist so vollkommen gerechtfertigt, dass durch Ihn alle gerechtfertigt werden, die an Ihn glauben. «Darum wurde es ihm (Abraham) auch als Gerechtigkeit angerechnet. Es steht aber nicht allein um seinetwillen geschrieben, dass es ihm angerechnet worden ist, sondern auch um unsertwillen, denen es angerechnet werden soll, wenn wir an den glauben, der unseren Herrn Jesus aus den Toten auferweckt hat, ihn, der um unserer Übertretungen willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden ist» (Röm 4,22-25).
In Römer 5,18 erklärt Paulus: «Wie es nun durch eine Übertretung für alle Menschen zur Verdammnis kam, so auch durch eine Gerechtigkeit für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.» So wie wir durch Adam alle zu Ungerechten wurden, so erklärt uns Gott in Jesus alle zu Gerechten. Dies zu bewerkstelligen, war die Lebensaufgabe Jesu. Zusammenfassend können wir folgende Gedanken von Hannelore Lauble zu diesem Thema festhalten: «Meine Gerechtigkeit ist null und nichtig. Sie ist anders als die meines Nächsten. Sie begründet keinen Frieden. Deine Gerechtigkeit stellt unsere Welt, all unser Denken auf den Kopf: Sie ist Dein Sterben für mich, als ich gegen Dich war. Ich schuldig – Du unschuldig. Du bist gestorben – ich lebe. Gerechtigkeit, die vor Dir gilt.»
3. «Gesehen von den Engeln.» Sowohl die Geburt Jesu (Lk 1,26-38; 2,8-15) als auch Sein Erdenleben war von Engeln begleitet:
– Die Engel dienten Ihm, während Er 40 Tage in der Wüste war (Mk 1,13).
– Ein Engel stärkte Ihn im Garten Gethsemane (Lk 22,43).
– Die Engel beobachteten Sein Leiden und waren bereit, in Legionen einzugreifen (Mt 26,53).
– Engel waren bei Seiner Auferstehung zugegen (Lk 24,23).
– Seine Himmelfahrt war begleitet von Engeln (Apg 1,10).
– Und so wird auch Seine Wiederkunft von Engeln begleitet sein (Mt 16,27).
«Damit jetzt den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Regionen durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht werde» (Eph 3,10). William MacDonald gibt hierzu eine sehr gute Darlegung: «Eine der gegenwärtigen Absichten Gottes … ist es, den himmlischen Heerscharen seine ‹mannigfaltige Weisheit› zu offenbaren. Paulus verwendet hier das Bild einer Schule. Gott ist der Lehrer. Das Universum ist der Klassenraum, die Engelwesen sind die Schüler. Thema ist: ‹Die mannigfaltige Weisheit Gottes.› An der Gemeinde wird das beispielhaft gezeigt. Die Engel werden dazu geführt, seine unausforschlichen Beschlüsse und seine Wunderwege zu bestaunen. Sie sehen, wie Gott die Sünde zur Wiederherstellung seiner eigenen Ehre besiegt hat. Sie sehen, wie er den Besten des Himmels gesandt hat, um die Schlimmsten der Erde zu retten. Sie sehen, wie er seine Feinde zu einem gewaltigen Preis erlöst, sie durch die Liebe erobert und sie als Braut für seinen Sohn zubereitet hat. Sie erkennen, wie er seine Gemeinde mit allem geistlichen Segen in der Himmelswelt ausgestattet hat. Und sie sehen, dass durch das Werk des Herrn Jesus Gott mehr Ehre erhält und den gläubigen Juden mehr Segnungen geschenkt werden, als wenn es der Sünde niemals gestattet worden wäre, in die Welt zu kommen. Gott ist gerechtfertigt, Christus ist erhöht worden, Satan ist besiegt, und die Gemeinde ist in Christus eingesetzt worden, seine Herrlichkeit zu teilen.»
4. «Verkündet unter den Heiden.» Gleich nach der Himmelfahrt Jesu gingen die Jünger hin und verkündeten das Evangelium allen Nationen, ganz so, wie der Herr es ihnen befohlen hatte: «Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde!» (Apg 1,8).
5. «Geglaubt in der Welt.» Denken wir an die erste Gemeinde, die in Jerusalem entstand, an den Kämmerer aus Äthiopien, als die Samariter hinzukamen, später Cornelius, die erste heidnische Gemeinde in Antiochia, dann in Zypern, Ikonium, Lystra, Mazedonien, Philippi, Thessalonich, Beröa, Athen, Korinth, Ephesus, Milet, Tyrus, Melite, Rom … Es gibt inzwischen wohl kaum einen Ort in der Welt, an dem es nicht Menschen gäbe, die an Jesus Christus glauben würden. Und das wird so lange weiter geschehen, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist (Röm 11,25). Es ist beruhigend zu wissen, dass es in der Welt immer Menschen geben wird, die an Jesus glauben. Der Siegeszug des Evangeliums ist unaufhaltsam und bricht sich in jeder Nation Bahn.
6. «Aufgenommen in Herrlichkeit.» Der englische Philosoph Francis Bacon (1561–1626) erklärte: «Als Jesus in diese Welt kam, wurde der Friede verkündigt. Als er diese Welt verliess, hat er uns den Frieden hinterlassen.» Jesu Werk auf Erden ist so gewaltig bestätigt, dass Er nach Seinem vollbrachten Werk in die Herrlichkeit zurückgeholt wurde und nun zur Rechten Gottes sitzt. Dort ist Er jetzt auch als Mensch (geoffenbart im Fleisch), der König über alle Könige, der alle, die an Ihn glauben, aus der Welt in Seine Herrlichkeit holt. Und eines Tages wird Er in Herrlichkeit zurückkommen! «Wenn der Christus, unser Leben, offenbar werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit» (Kol 3,4).
Von Norbert Lieth