05.02.2011

1. Timotheus 1,12-17: Das Zeugnis des Paulus

Im 1. Timotheusbrief zeigt der Apostel Paulus auf, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit». Lesen Sie hier Teil 3.
In den Versen 3 bis 11 von 1. Timotheus 1 bezog Paulus Stellung gegenüber den falschen Lehren. Und nun brachte er das Zeugnis des wahren Evangeliums, darüber, wie Gott aus Gnaden errettet (V 12-17). Er stellte damit die Gnade über die Gesetzeswerke. Ihm, dem ehemaligen Pharisäer, war die Barmherzigkeit zuteilgeworden: «Und darum danke ich dem, der mir Kraft verliehen hat, Christus Jesus, unserem Herrn, dass er mich treu erachtet und in den Dienst eingesetzt hat» (V 12).
Er zeigte durch sein Zeugnis, dass das aufrichtigste Bemühen eines frommen Juden nicht rettet, aber Gott es gebrauchen kann, um zur Gnade zu führen: «der ich zuvor ein Lästerer und Verfolger und Frevler war. Aber mir ist Erbarmung widerfahren, weil ich es unwissend im Unglauben getan habe» (V 13). Das war keine Entschuldigung für seine bösen Taten, aber ein Hinweis darauf, wie ernst Gott den Aufrichtigen nimmt.
Paulus benutzte sein Zeugnis des Weiteren, um die Grösse der Gnade des Herrn aufzuzeigen: «Und die Gnade unseres Herrn wurde über alle Massen gross samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist» (V 14). Er ermutigte damit andere, an das Evangelium zu glauben, da die Zusagen des Herrn absolut zuverlässig sind: «Glaubwürdig ist das Wort und aller Annahme wert …» (V 15).
Paulus gebrauchte sein Zeugnis auch, um zu zeigen, dass es keinen hoffnungslosen Fall gibt: «… dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der grösste bin. Aber darum ist mir Erbarmung widerfahren, damit an mir zuerst Jesus Christus alle Langmut erzeige, zum Vorbild für die, die künftig an ihn glauben würden zum ewigen Leben» (V 15-16). Wenn der Apostel sich als den grössten aller Sünder bezeichnete, dann bedeutet das, dass es niemanden geben kann, der vom Reich Gottes ausgeschlossen wird, weil ja keiner ein noch grösserer Sünder sein kann als Paulus.
Interessant ist diesbezüglich, dass die Bekehrung des Paulus unmittelbar mit dem Gebet des Stephanus bei seiner Steinigung zusammenhing: «Und als sie ihn zur Stadt hinausgestossen hatten, steinigten sie ihn. Und die Zeugen legten ihre Kleider zu den Füssen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hiess. Und sie steinigten den Stephanus, der betete und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Und er kniete nieder und rief mit lauter Stimme: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Und nachdem er das gesagt hatte, entschlief er. Saulus aber hatte seiner Ermordung zugestimmt. Und an jenem Tag erhob sich eine grosse Verfolgung gegen die Gemeinde in Jerusalem, und alle zerstreuten sich in die Gebiete von Judäa und Samaria, ausgenommen die Apostel. Und gottesfürchtige Männer begruben den Stephanus und veranstalteten eine grosse Trauer um ihn. Saulus aber verwüstete die Gemeinde, drang überall in die Häuser ein, schleppte Männer und Frauen fort und brachte sie ins Gefängnis» (Apg 7,58-8,3). Einer, der die Steinigung des Stephanus befürwortete und die Schlüsselfigur der Christenverfolgung war, wurde gerettet, nicht zuletzt aufgrund des Gebetes des Stephanus.
Paulus setzte sein Zeugnis ein, um Gott zu rühmen, zum Lob Gottes: «Dem König der Ewigkeit aber, dem u vergänglichen, unsichtbaren, allein weisen Gott, sei Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen» (V 17). Schliesslich streichen diese Worte auch die Gottheit Jesu heraus (vgl. 6,15). Paulus stellt nämlich Gott als den König der Ewigkeit dar; doch die Titelbezeichnung «König» wird allgemeinhin dem Herrn Jesus verliehen, somit ist Er gleich Gott. Pilatus erkannte Jesus als König (Joh 19,14-15.19-21). Die Juden begriffen den Königsanspruch Jesu (Joh 19,12). Und die Offenbarung bezeichnet Jesus als den König über alle Könige (Offb 17,14; 19,16).
Gewohnheitsmässig zeigt man unter Christen nicht allzu viel Sympathie für Zeugnisse. Wir glauben – ob nun zu Recht oder zu Unrecht –, dass so etwas den Menschen in den Mittelpunkt stellen könnte oder dass andere Christen, die nicht so eine Vergangenheit und Bekehrung wie der Zeugnisgebende erlebt haben, dadurch entmutigt werden könnten. Oder wir fürchten, dass derjenige, der das Zeugnis gibt, hochmütig werden könnte.
Ich persönlich habe immer wieder erlebt, dass Zeugnisse sehr gewinnbringend sind. Die Frage, die uns beherrschen sollte, ist nicht die Frage nach den Gefahren, eigenen Ideen, Interpretationen oder Vorstellungen, sondern allein, ob eine Sache biblisch ist oder nicht. Und darauf gibt es diesbezüglich nur eine Antwort: Es ist absolut biblisch und somit segensreich und hilfreich, Zeugnis zu geben. Und es gehört offensichtlich sogar in das Gemeindeleben.
Paulus gab sehr häufig und zu allen möglichen Gelegenheiten Zeugnis (mindestens sechsmal in der Bibel) von seinem Leben und dem Wirken des Herrn an ihm (Apg 22,3-16.19-21; 26,9-18; 1.Tim 1,12-17; 1.Kor 15,9-11; Gal 1,13- 16.21-24; Phil 3,5-8).
Hinzu kommt, dass er immer wieder über den Segen und die Frucht sprach, den der Herr zu seinem und dem Dienst anderer geschenkt hatte: «Und von dort segelten sie nach Antiochia, von wo aus sie der Gnade Gottes übergeben worden waren zu dem Werk, das sie nun vollbracht hatten. Als sie aber angekommen waren und die Gemeinde versammelt hatten, erzählten sie, wie viel Gott mit ihnen getan hatte, und dass er den Heiden die Tür des Glaubens geöffnet hatte» (Apg 14,26-27; vgl. Apg 15,3-4.12; 21,17-19). Paulus sagte: «Denn ich werde nicht wagen, etwas von dem zu reden, was Christus nicht durch mich gewirkt hat zum Gehorsam der Nationen durch Wort und Werk» (Röm 15,18).
Das Beeindruckende ist, dass es keinen Hochmut vonseiten des Paulus gab und keinerlei Neid oder Eifersucht vonseiten derer, die zuhörten. Seine Zeugnisse waren vom Heiligen Geist gewirkt, dienten zur Verherrlichung Jesu Christi und zeigen uns, wie es in der Gemeinde zu und her gehen sollte.
Natürlich besteht die Gefahr des Hochmuts. Es gibt aber auch eine fast schon unnatürliche, angstvolle Zurückhaltung und Schüchternheit oder gar eine falsche Demut, weil man sich noch so wichtig vorkommt. Denn wer denkt, er selbst könnte durch ein Zeugnis im Mittelpunkt stehen, der hat sich ja schon mal mit einkalkuliert und nicht allein den Herrn vor Augen. Wer weiss, dass er selbst nichts und der Herr alles ist und dass sein Zeugnis einzig der Ehre des Herrn dient, kann beruhigt Zeugnis geben und sollte das auch tun.
Diesbezüglich ist es erwähnenswert, dass der Apostel sowohl in jungen Jahren (Apg 22) als auch in seinen alten Tagen (Apg 26), wenige Jahre vor seinem Tod, immer noch dasselbe Zeugnis gab.
Von Norbert Lieth